Der Web Zero Faktor – CO2-Fußabdruck des Internets und seiner Nutzer

Autoren

Peter Lux, Elektroniker für Betriebstechnik, Wirtschaftsingenieur, Energieökonom (M.Sc.), Geschäftsführer Piko Solutions GmbH

Niko Groth, Fachinformatiker in Anwendungsentwicklung, Wirtschaftsinformatiker, Master of Business Administration (MBA), Geschäftsführer Piko Solutions GmbH

APA-Zitat

Lux, P. & Groth, N. (2023, 10. Februar). Der Web Zero Faktor – CO2-Fußabdruck des Internets und seiner Nutzer. Published online at Blog.Piko-Solutions.de. Retrieved from: der-web-zero-faktor-co2-fussabdruck-des-internets-und-seiner-nutzer (Year, Day Month)

Abstract

Der CO2-Fußabdruck des Internets entsteht durch den Energieverbrauch für Herstellung und Betrieb seiner Komponenten. Die zugrundeliegende Darstellung beschränkt sich auf den Stromverbrauch von Datenzentren, Datenübertragungsnetzen, Endnutzergeräten sowie die Fertigung dieser Komponenten. Im Rahmen dieses Papiers wird der Information and Communication (ICT) Sektor für die zusammenfassende Darstellung als Internet bezeichnet. Dabei wird das Internet als globales Gesamtsystem betrachtet. Diese Reduktion von Komplexität in der Begriffsdefinition sichert eine belastbare Datenbasis auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen, bedeutet aber auch eine gewisse Unschärfe für die dargelegten Werte. Diese Unschärfe ist für den Zweck dieses Papiers und der allgemeinen Einordnung des Internets in die aktuelle Klima-Debatte um CO2-Emissionen vertretbar. Auf Basis des zugrundeliegenden Modells emittiert das Internet etwa 1,25 GtCO2e p.a. und macht damit ca. 2,1% der jährlich weltweiten Gesamtemissionen aus. Diese Angaben ordnen sich am unteren Ende des von Freitag et al. (2021) ermittelten Anteils des Internets an den globalen Greenhouse Gas (GHG) Emissionen von 2,1% bis 3,9% ein.

Für die Ermittlung des allgemeinen CO2-Fußabdrucks eines Internetnutzers wird ausschließlich die Abhängigkeit des Energieverbrauchs zu den übertragenen Daten herangezogen. Es wird mit der oben dargestellten Modellierung verallgemeinert, indem keine spezifischen Datenübertragungswege berechnet und regionalen Besonderheiten berücksichtigt werden, und das Internet als Gesamtsystem betrachtet wird. Zudem wird keine Differenzierung zur Abhängigkeit des Energieverbrauchs von der Art und Anzahl an Rechenoperationen, wie z.B. bei KI- oder Blockchain-Anwendungen, vorgenommen, da diese Daten dem Internetnutzer nicht leicht zugänglich sind. Für den CO2-Fußabdruck wird der globale Strommix angesetzt. Eine regionale Differenzierung wird nicht vorgenommen. Die durch diese Vereinfachung resultierende Unschärfe ist im Kontext der verallgemeinerten Darstellung und im Sinne einer nutzerfreundlichen Anwendbarkeit des Wertes mit „Faustformelcharakter“ vertretbar. Auf Basis des zugrundeliegenden Modells emittiert das Internet mit dem Transfer von vier Megabyte Daten ein Gramm CO2-Equivalent (4 MB/gCO2e). Daraus resultiert ein sog. Web Zero Faktor von 0,25 g CO2e/MB, der die fortschreitende Entwicklung des Internets zu einem Web Zero mit Net Zero Emissionen unterstützen kann.

Zielstellung

Ziel dieses Papiers ist die Ermittlung und Validierung einer anwendbaren Faustformel für Internetnutzer, um den eigenen Einfluss auf das Klima beim Surfen im Internet eigenständig berechnen zu können. Deshalb wird untersucht, wie viel CO2 das Internet allgemein emittiert. Anschließend wird berechnet, wie viel Gramm CO2 ein Megabyte an durch das Internet übertragener Daten verursacht. Letzteres soll einen sog. Web Zero Faktor ergeben. Dieser soll Internetnutzern als Faustformel dienen, um den eigenen CO2-Fußabdruck für das Surfen im Internet berechnen zu können.

Durch das Schaffen von Transparenz bei Internetnutzern über die klimatischen Auswirkungen ihres eigenen Surfverhaltens soll der Web Zero Faktor unterstützen, ein klimaneutrales – Net Zero – Internet (aka. Web Zero) zu erreichen.

Methodik

Aufgrund unvollständiger Informationen zum Gesamtsystem des Internets wird zur Ermittlung und Validierung des sog. Web Zero Faktors ein heuristischer Ansatz gewählt. Um einen Faustformelcharakter getätigter Aussagen herzustellen, wird bestmöglich die Komplexität reduziert und eine vertretbare Unschärfe in den Aussagen zugelassen. Hierbei wird das Internet als kompaktes und globales Gesamtsystem modelliert. Für die erforderliche Erweiterung des Bestandes an validen Daten und für eine direkte Zuordnung erhobener Daten wird im Rahmen dieses Papiers der Begriff des Internets als Synonym für den Information and Communication (ICT) Sektor definiert. Aussagen zum Stromverbrauch des Internets, dem CO2-Fußabdruck des globalen Strommixes und dem Datenverkehr im Internet werden, insofern möglich, von mindestens zwei unabhängigen Quellen dargestellt und mit belegten Beispielen eingeordnet. Es wird stets im Sinne der Modellierung verallgemeinert. Eine regionale oder einzelfallbezogene Differenzierung wird nicht vorgenommen. Bei nicht eindeutigen Aussagen wird nach Abwägung der unterschiedlichen Aussagen ein repräsentativer Wert für die weitere Verwendung definiert. Anschließend wird validiert und argumentiert, warum die jeweilige Definition vertretbar ist. Die Erkenntnisse werden größtenteils aus Desktop-Research (Sekundärforschung) und ergänzend aus Selbstversuchen und Eigenberechnungen gewonnen. Als Quellen werden aktuelle Erkenntnisse aus wissenschaftlichen Debatten herangezogen, um aktuelle Aussagen zu generieren. Als Quellen dienen mitunter wissenschaftliche Paper sowie Veröffentlichungen einschlägiger Institutionen, Organisationen und Experten in hauptsächlich Buch, Blog, oder Berichtsform. Außerdem werden Aussagen aus eigenen Berechnungen und Rückschlüssen kreiert. Hierfür werden teilweise Web-Tools von Dritten genutzt. Selbstversuche werden mit kleinen Stichproben und mit dem Ziel einer ersten Indikation zur Einschätzung der Güte generierter Aussagen durchgeführt. Als Proof of Concept werden Beispiele für die Anwendung des Web Zero Faktors dargelegt. Abschließend wird der in diesem Papier ausgearbeitete Web Zero Faktor diskutiert und ein entsprechendes Fazit gezogen.

1. Stromverbrauch des Internets

Im Jahr 2021 wurden weltweit insgesamt 27.782,79 TWh an elektrischer Energie erzeugt (Ritchie et al., 2022a). Steffen Lange, Nachhaltigkeitsökonom an der Technischen Universität Berlin berichtet im Podcast Handelsblatt Green & Energy: „Der Stromverbrauch von digitalen Technologien insgesamt beträgt ungefähr acht bis zehn Prozent des globalen Strombedarfs“ (Scheppe, 2022, 03:52-04:02). Aus der Top-Down-Berechnung mit dem Median dieser Angabe von 9% ergibt sich somit für das Internet ein jährlicher Strombedarf von etwa 2.500 TWh.

Durch eine Bottom-Up-Berechnung des Energieverbrauchs des Internets über seine Einzelkomponenten kann der obige Wert (grob) bestätigt werden. Andrae (2020b) zeigt mit einem Median von 2.433 TWh bei den Hochrechnungen für das Jahr 2020, dass Datenzentren, Datenübertragungsnetze, Endgeräte sowie die Herstellung dieser Komponenten einen jährlichen Strombedarf in dieser Größenordnung haben (siehe unten Tabelle 1).

Expected Case 2020 (ursprüngliche Annahmen aus Vorgängerstudie) Present Expected Case 2020 (in der Studie aktualisierte Annahmen)
Datenzentren 660 TWh 299 TWh
Datenübertragungsnetze 98 TWh (Mobil)
439 TWh (LWL)
98 TWh (Mobil)
171 TWh (LWL)
Endgeräte 1132 TWh 1.039 TWh
Herstellung Hardware 549 TWh 381 TWh
Gesamt 2.878 TWh 1.988 TWh
Tabelle 1: Einzelkomponenten des Internets und ihr Strombedarf (Andrae, 2020)

Zur vereinfachten Darstellung und Weiterverarbeitung wird der Stromverbrauch des Internets auf 2.500 TWh p.a. (zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Papiers) definiert. Dieser Wert liegt in der prognostizierten Range der zu erwartenden Szenarien bis zum Jahr 2030 (Andrae, 2020b) und ist damit vertretbar.

Steffen Lange ordnet diesen Wert im Handelsblatt-Podcast Green & Energy entsprechend ein, indem er sagt: „[…] wenn man das mit Ländern vergleicht, wäre [das Internet] das drittgrößte Land, was den Stromverbrauch angeht“ (Scheppe, 2022, 04:05-04:11). Ritchie et al. (2022a) bestätigen diese Aussage für das Jahr 2021, wobei sich das Internet mit ca. 2.500 TWh hinter China (8.484,02 TWh), den USA (4.149,95 TWh) und vor Indien (1.713,75 TWh) einreiht.

2. CO2-Fußabdruck des globalen Strommixes

Folgende Emissionswerte zum CO2-Fußabdruck für den globalen Strommix finden sich in der Literatur. Für die einheitliche Darstellung sind involvierte Treibhausgase in Gramm CO2-Equivalente (g CO2e), Energiemengen in kWh und die Beträge ohne Toleranzen angegeben.

  • 442 g CO2e/kWh (Our World in Data, 2022)
  • 455 g CO2e/kWh (D’Ambrosio et al., 2022)
  • 543 g CO2e/kWh (Andrae, 2020a)
  • 630 g CO2e/kWh (Freitag et al., 2021)

Ergänzend wird der CO2-Fußabdruck aus zwei unabhängigen Quellen berechnet. Die Daten für den weltweiten Strommix liefert Ritchie et al. (2022b). Die United Nations Economic Commission For Europe (2021, S. 77) liefert die Emissionswerte für den Lebenszyklus der jeweiligen Stromerzeugungsart. Aus der Gewichtung der jeweiligen CO2-Intensität mit dem Anteil der entsprechenden Erzeugungsart am globalen Strommix resultieren in Summe 503 g CO2e/kWh als CO2-Fußabdruck für den globalen Strommix (siehe unten Tabelle 2).

Strommix in 2021 (TWh) Anteil Strommix in 2021 CO2-Intensität in g CO2e/kWh (von 2020)
Andere Erneuerbare 93,46 0,34% 38,62
Bioenergie 666,34 2,40% 740,00
Öl 760,15 2,74% 1.095,00
Solar 1.021,22 3,68% 23,70
Wind 1.848,26 6,65% 13,30
Kernenergie 2.738,44 9,86% 5,29
Wasserkraft 4.226,34 15,21% 78,85
Gas (ohne Carbon Capture & Storage (CCS)) 6.317,60 22,74% 434,00
Kohle (ohne CCS) 10.110,98 36,39% 940,67
Welt 27.782,79 100,00% 503,17
Tabelle 2: CO2-Fußabdruck des globalen Strommixes (eigene Berechnung)

Zur vereinfachten Darstellung und Weiterverarbeitung wird der CO2-Fußabdruck des globalen Strommixes auf 500 g CO2e/kWh definiert. Dieser Wert liegt in der Range der in der Literatur dargelegten Werte und ist damit vertretbar.

3. Datenverkehr im Internet

Folgender Auszug an Werten für den jährlichen Datenverkehr im Internet finden sich in der Literatur. Für die einheitliche Darstellung erfolgen die Angaben in Zettabyte (ZB) und sind auf eine Nachkommastelle gerundet:

  • 3,4 ZB p.a. (Kamiya, 2022)
  • 4,0 ZB p.a. (Bianchi, 2022)

Im Jahr 2022 gab es 5,3 Mrd. Internetnutzer weltweit (International Telecommunication Union, 2022b). Im selben Jahr hat jeder Internetnutzer im weltweiten Durchschnitt 233 kbit/s an internationaler Bandbreite genutzt (ITU, 2022a). Daraus resultiert für 2022 ein kalkulatorischer Datenverkehr in Höhe von etwa 4,9 ZB.

Zur vereinfachten Darstellung und Weiterverarbeitung wird der jährliche Datenverkehr auf fünf Zettabyte definiert. Da sich der kalkulierte Wert in die Größenordnung der Werte aus der Literatur einordnen lässt und die durchschnittliche Wachstumsrate der letzten fünf Jahre für die insgesamte internationale Bandbreite 33% beträgt (ITU, 2022a), ist diese Definition vertretbar.

4. CO2-Fußabdruck des Internets

Mit einem Stromverbrauch von 2.500 TWh p.a. und einem globalen CO2-Fußabdruck von 500 g CO2e/kWh emittiert das Internet jährlich 1,25 GtCO2e. Sundberg (2022) definiert in seinem Buch Sustainable IT Playbook for Technology Leaders nach Abwägung verschiedener Statistiken die weltweit jährlichen Treibhausgasemissionen auf etwa 59 GtCO2e, was auch Emissionen aus Landnutzungsänderungen beinhaltet. Unter diesen Annahmen beträgt der Anteil des Internets an den jährlichen Treibhausgasemissionen 2,1%. Diese Angaben ordnen sich am unteren Ende des von Freitag et al. (2021) ermittelten Anteils des Internets an den globalen Greenhouse Gas (GHG) Emissionen von 2,1% bis 3,9% ein. Andrae (2020a) schätzt diesen Anteil höher ein und prognostiziert, dass die Emissionen von Computing und des Digitalsektors in dieser Dekade bis 2030 zunehmen und ca. 4-5% ausmachen werden. In diesem Zusammenhang sind die oben getroffenen Angaben zur jährlichen Treibhausgasemission des Internets mit 1,25 GtCO2e p.a. als verhalten zu bewerten und können durchaus höher argumentiert werden. Diese Auslegung ist dennoch vertretbar, da sie mithilfe der oben beschriebenen, wissenschaftlich fundierten Annahmen berechnet wurde.

Der globale Anteil des Internets an der jährlichen Treibhausgasemission ist in etwa vergleichbar mit den Klimaauswirkungen der Luftfahrtindustrie. Ritchie et al. (2020) beziffern den Anteil z.B. für das Jahr 2016 auf 1,9%. Terrenoire et al. (2019) gehen in verschiedenen Szenarien für das Jahr 2020 von einer ähnlichen Größenordnung von ca. 1 GtCO2e für den Luftfahrtsektor aus.

5. Web Zero Faktor – CO2-Fußabdruck von Internetnutzern

Damit Internetnutzer (inkl. Anbieter von Webservices) eigenständig ihren CO2-Fußabdruck einschätzen können, braucht es einer repräsentativen Größe, die entsprechend einfach genutzt werden kann. Mithilfe der oben definierten Werte (siehe unten Tabelle 3) kann ein entsprechender Web Zero Faktor mit folgender Formel (1) berechnet werden:

(1) Web Zero Faktor = (Stromverbrauch des Internets / Datenverkehr im Internet) * (CO2-Intensität des globalen Strommixes)

Stromverbrauch des Internets 2.500 TWh p.a.
CO2-Fußabdruck des globalen Strommixes 500 g CO2e/kWh
Datenverkehr im Internet 5 ZB p.a.
Web Zero Faktor (02/2023) 0,25 g CO2e/MBtransferred
(4 MBtransferred/g CO2e)
Tabelle 3: Berechnung des Web Zero Faktors

Zur Einordnung können Werte sog. CO2-Rechner für die Berechnung des CO2-Fußabdrucks von Websites genutzt werden. In Tabelle 4 sind vier alternative Beträge für einen Web Zero Faktor von vier unabhängigen Anbietern dargestellt. Zur Ermittlung der Werte wurden 18 URLs untersucht (siehe Anhang 1). Für diese Stichprobe wurden ausschließlich URLs ausgewählt, die laut des sog. Website Carbon Calculator von Wholegrain Digital (2023) 1 g CO2e je Seitenaufruf emittieren. Die jeweilige Menge der je Seitenaufruf und URL zu übertragenden Daten wurden mit dem Brave Browser jeweils für einen Erstbesuch der Seite ermittelt. Die entsprechenden Werte sind gerundet und aufgrund der geringen Stichprobengröße ausschließlich indikativ zu verstehen.

Alternative Web Zero Faktor Beträge in gCO2e/MB Durchschnitt Median Min. Max.
https://www.websitecarbon.com/
(Wholegrain Digital, 2023)
0,42 0,28 0,19 2,02
https://digitalbeacon.co/
(Aline, 2022)
0,78 0,76 0,76 0,84
https://ecograder.com/
(Mightybytes, 2023)
0,64 0,42 0,17 3,30
https://websiteemissions.com/
(Eco-Friendly Web Alliance, 2023)
0,37 0,27 0,11 2,18
Tabelle 4: Alternative Beträge für einen Web Zero Faktor unabhängiger Anbieter von CO2-Rechnern für die Ermittlung des CO2-Fußabdrucks von Websites (eigene Berechnung)

In Tabelle 4 wird deutlich, dass der in diesem Papier herausgearbeitete Web Zero Faktor von 0,25 gCO2e/MB annährend den Median-Werten von Websitecarbon.com und Websiteemission.com entspricht. Außerdem befindet sich der Web Zero Faktor von 0,25 gCO2e/MB im Rahmen jeder der aufgezeigten Spannweiten, jedoch immer mit der Tendenz in Richtung des Minimalwertes. Dies kann ein Indiz für eine „vorsichtige“ Auslegung des in diesem Papier vorgeschlagenen Web Zero Faktors sein.

Die unterschiedlichen Spannweiten der jeweiligen Anbieter ergeben sich aus den verschiedenen Berechnungsalgorithmen der einzelnen CO2-Rechner, welche für den Einzelfall stark differenzieren und dynamisch wirken, im Gegensatz zum o.g. statischen Modell zur Ermittlung des in diesem Papier herausgearbeiteten Web Zero Faktors von 0,25 gCO2e/MB. Zum Teil werden z.B. klimaneutrales Hosting, der Umfang involvierter Komponenten sowie deren Lokation in Verbindung mit dem lokalen Strommix als auch die je Seitenaufruf zu transferierenden Datenmengen unterschiedlich berücksichtigt. Eine Detailanalyse dieser CO2-Rechner für Websites ist nicht Bestandteil dieses Papiers. Für exakte, detailliertere und weiterführende Informationen wird auf die aufgeführten Anbieter Wholegrain Digital (2023), Aline (2022), Mightybytes (2023) und Eco-Friendly Web Alliance (2023) verwiesen.

Die oben durchgeführte Stichprobenanalyse zeigt hinreichend, dass der in diesem Papier ermittelte Web Zero Faktor von 0,25 gCO2e/MB sich in den von unabhängigen Dritten erarbeiteten Dimensionen wiederfindet und ist somit vertretbar und für die Faustformel, dass jedes durch das Internet transferierte Megabyte ein Viertel Gramm CO2 verursacht, hinreichend.

6. Web Zero Faktor – Anwendungsbeispiele

Beispiel 1 – Identifikation von CO2-Emissionen beim Surfen im Internet

Unter Berücksichtigung der oben definierten Angaben kann mithilfe der Formel (2) ein durchschnittlicher CO2-Fußabdruck eines Internetnutzers pro Jahr von 0,2 tCO2e berechnet werden. Das entspricht ca. einem Hin- und Rückflug von Berlin nach Barcelona pro Person pro Jahr (Google, 2023).

(2) (Datenverkehr im Internet / Anzahl Internetnutzer) * Web Zero Faktor = ∅ CO2-Emissionen je Internetnutzer

Zur Ermittlung ihres CO2-Fußabdruckes können Internetnutzer eigenständig den Betrag an transferierten Daten, z.B. beim Aufruf einer Webpage, ermitteln, indem sie die Developer Tools in ihrem Browser, wie z.B. Chrome, über die [F12]-Taste öffnen und unter dem Reiter „Network“ nachschauen. Ist die Seite bereits geöffnet, muss diese neu geladen werden ([F5]-Taste für allgemeines Neuladen oder [Strg]+[F5] für Neuladen ohne Berücksichtigung gecacheter Daten zur Simulation eines Erstbesuches der entsprechenden Webpage). Dann können am unteren Fensterrand die transferierten Datenmengen abgelesen und mit dem Web Zero Faktor multipliziert werden, um den CO2-Fußabdruck dieses Vorgangs zu ermitteln. In Tabelle 5 ist beispielhaft die Anwendung des Web Zero Faktors für Internetnutzer dargestellt.

Beispiel-Vorgang: Aufruf der Website
https://piko-solutions.de/
Data transferred (durch den Vorgang durch das Internet gesendete Daten) CO2-Fußabdruck je Vorgang
Erstbesuch der Seite 0,1 MB 0,025 g CO2e
Wiederholter Besuch der Seite (Daten bereits im Browser Cache vorhanden) 0,01 MB 0,0025 g CO2e
Tabelle 5: Beispiel zur Anwendung des Web Zero Faktors

Beispiel 2 – Reduzierung von CO2-Emissionen beim Surfen im Internet

Der Web Zero Faktor kann die von Rockström et al. (2017) eingeführte, heuristische Faustformel, das sog. „Carbon Law“, auch für Internetnutzer anwendbar machen. Das Carbon Law gibt allen CO2-Emittenten (unabhängig der Branche, Unternehmung oder Tätigkeit) vor, von 2020 bis 2050 die eigenen, menschengemachten CO2-Emissionen alle zehn Jahre zu halbieren, um gemeinsam das übergreifende Net Zero Ziel bis zur Mitte des Jahrhunderts zu erreichen (ergänzt von skalierbaren Maßnahmen zur CO2-Entnahme und der Reduzierung von Landnutzung). Nach dieser Faustformel sollte sich der Web Zero Faktor grob bis zum Jahr 2030 halbiert haben. Aber auch die jährlichen CO2-Emissionen je Internetnutzer sollten sich bis zum Jahr 2030 halbiert haben. Dies kann jeder Internetnutzer hinreichend mit dem Web Zero Faktor für sich berechnen und nachhalten.

Der Web Zero Faktor kann sich ceteris paribus (c.p.) z.B. durch Effizienzsteigerungen in Datenzentren, Übertragungsnetzen, Endgeräten und bei der Herstellung aller involvierten Komponenten verringern. Eine Verringerung kann c.p. auch durch die Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energien im Strommix der Energieversorgung des Internets erfolgen.

Die CO2-Emissionen je Internetnutzer können sich durch bewusstes Surfen und durch Reduzierung datenhungriger Vorgänge verringern. Der Web Zero Faktor kann hierfür bei der Bewertung von Vorgängen, wie z.B. ob datenschwere Anhänge via E-Mails versandt werden sollten oder nicht, unterstützen. Zudem können mit dem Web Zero Faktor Effizienzmaßnahmen, wie z.B. die Reduzierung der Website-Größe und des damit verbundenen Datentransfers, hinreichend auf Konformität zu dem oben genannten Net bzw. Web Zero Ziel überprüft werden. 

Beispiel 3 – Vermeidung von CO2-Emissionen beim Surfen im Internet

Mithilfe unterstützender Werkzeuge, wie z.B. dem Brave Browser, können Internetnutzer auch unerwünschte Datentransfers vermeiden. Die dadurch vermiedenen CO2-Emissionen können dann mit dem Web Zero Faktor berechnet werden. Durch das integrierte Blockieren von invasiver Werbung, websiteübergreifenden Trackern sowie Trackern mit und ohne Cookies vermeidet beispielsweise der Brave Browser das Übertragen damit verbundener Datenpakete. Die Anzahl entsprechend blockierter Werbung und Tracker sowie die jeweils emissionswirksame, insgesamt eingesparte Bandbreite und Ladezeit werden dem Internetnutzer auf der Standard-Startseite des Brave Browsers angezeigt (Brave, 2023). In Tabelle 6 ist eine Beispielrechnung mit dem Web Zero Faktor zur Ermittlung vermiedener CO2-Emissionen auf Basis einer einmonatigen Testreihe mit dem Brave Browser abgebildet. Hierbei wird gezeigt, wie ca. 85 g CO2e eingespart werden konnten.

Browser Brave Browser
Einstellungen Tracker- & Anzeigenblockierung: Standard
JavaScript blockieren: Aus
Fingerprinting blockieren: Standard
Cookies blockieren: Nur websiteübergreifend
Testzeitraum 1 Monat
Tracker & Werbung blockiert 11.719
Bandbreite gespart 339,7 MB
Zeit gespart 10 Minuten
Vermiedene CO2-Emissionen auf Basis des Web Zero Faktors 84,9 g CO2e
Tabelle 6: Beispielrechnung vermiedener CO2-Emissionen mithilfe des Web Zero Faktors

Beispiel 4 – Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre beim Surfen im Internet

Ohne ergänzende Maßnahmen kann der Web Zero Faktor seinem Namen nicht gerecht werden, da wie von Freitag et al. (2021) dargestellt, auch durch einen hundertprozentigen globalen Strommix aus Erneuerbaren Energien die CO2-Emissionen um max. 86% reduziert werden können. Die von der United Nations Economic Commission For Europe (2021) aufgezeigten CO2-Fußabdrücke aus dem Lebenszyklus der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien unterstreichen diese Aussage, dass ein hundertprozentiger Strommix aus erneuerbaren Energien nicht CO2-frei ist.

Um ein „Web Zero“ zu erreichen, sind über die Versorgung des Internets aus erneuerbaren Energien hinaus gehende Maßnahmen zur CO2-Entnahme, wie z.B. das Pflanzen von Bäumen, Förderung natürlicher (sich selbst überlassener) Waldflächen oder auch Carbon Capture & Storage (CCS) Maßnahmen erforderlich. Der Web Zero Faktor kann helfen, die Auswirkungen solcher Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Internet einzuordnen und zu bewerten. Grow My Tree (2023a) gibt z.B. an, dass jeder gepflanzte Baum jährlich ca. 22 kg CO2 aus der Atmosphäre entnimmt. Die mithilfe des Web Zero Faktors berechneten Emissionen aus der Nutzung des Internets i.H.v. 0,2 tCO2e pro Jahr und Internetnutzer kann jeder Internetnutzer überschlagsweise durch das Pflanzen von etwa 10 Bäumen kompensieren und sich somit bezogen auf das Surfen im Internet (c.p.) klimaneutral stellen. Laut Ecosia (2023a) pflanzt ein Internetnutzer in Deutschland nach ca. 50 Suchanfragen mit dem Laptop über die Ecosia-Suchmaschine einen Baum. Demnach kann sich der global-durchschnittliche Internetnutzer – unter Berücksichtigung der Angaben von Grow My Tree und Ecosia – mit ca. 500 Suchanfragen pro Jahr über die Ecosia-Suchmaschine und der Nutzung eines Laptops am Standort Deutschland klimaneutral stellen. Generell kann jeder Internetnutzer mit dem Web Zero Faktor unter Berücksichtigung seines datentransferbedingenden Userverhaltens (z.B. Aufrufen von Websites, Download von Dokument, Video-Streaming, etc.) und seiner jeweiligen CO2-Entnahme-Maßnahme(n) hinreichend seinen individuellen Break-Even-Point zum klimaneutralen Surfen im Internet berechnen (siehe auch Beispiel 1).

Beispiel 5 – Business Case Berechnung für Anbieter von Webservices

Auch Anbieter von internetbasierten Dienstleistungen, wie z.B. Website-Betreiber, können den Web Zero Faktor nutzen, um den eigenen CO2-Fußabdruck zu berechnen. Um diesen CO2-Fußabdruck zu neutralisieren, entstehen Kosten (siehe unten Tabelle 7). Mit dem Web Zero Faktor können die entsprechenden Ersparnisse je eingespartem bzw. nicht-übertragenen MB in einem Net Zero bzw. Web Zero Szenario berechnet werden.

Anbieter: CO2 Entnahme Preis: CO2-Entnahme Klimaspezifische Ersparnisse in Euro je vermiedenem MB (in einem Web Zero Szenario)
Ecosia (2023b) – ungewichteter Durchschnitt (eigene Berechnung: Jan. – Nov. 2022, siehe o.g. Werte) 0,00003 €/gCO2 0,0000075 €/MB
Grow My Tree (2023b) – ungewichteter Durchschnitt (eigene Berechnung, siehe o.g. Werte) 0,00011 €/gCO2 0,0000275 €/MB
Climeworks (2023) – (eigene Berechnung, siehe o.g. Were) 0,001 €/gCO2 0,00025 €/MB
Tabelle 7: Kosten zur permanenten CO2-Entnahme aus der Atmosphäre

Mit den Prämissen, dass Website-Anbieter ihren Nutzern ein klimaneutrales Surfen ermöglichen wollen, und dass sich die zugrundeliegende Website am von HTTP Archive (2023) ermittelten Median der Datentransfermenge von mobilen und Desktop Webpages i.H.v. etwa 2 MB orientiert, kann auf Basis der mit dem Web Zero Faktor ermittelten Werte eine entsprechende Wirtschaftlichkeitsbetrachtung bzgl. der Investition in eine vorherige Datenreduktion im Rahmen der Umstellung auf eine Web Zero Website vorgenommen werden (siehe unten Tabelle 8).

Website-Aufruf erzeugt
durchschnittlich 2 MB
Szenario A:
Website ohne vorherige Datenreduktion
Szenario B:
Web Zero Website mit vorheriger Datenreduktion um 1 MB
Ersparnisse durch vorherige Datenreduktion:
Szenario A –
Szenario B
Anzahl Nutzer p.a. Grow My Tree (Kosten) Climeworks (Kosten) Grow My Tree (Kosten) Climeworks (Kosten) Grow My Tree (Ersparnisse) Climeworks (Ersparnisse)
1.000 0,06 € 0,50 € 0,03 € 0,25 € 0,03 € 0,25 €
10.000 0,55 € 5,00 € 0,28 € 2,50 € 0,28 € 2,50 €
100.000 5,50 € 50,00 € 2,75 € 25,00 € 2,75 € 25,00 €
1.000.000 55,00 € 500,00 € 27,50 € 250,00 € 27,50 € 250,00 €
10.000.000 550 € 5.000 € 275 € 2.500€ 275 € 2.500 €
100.000.000 5.500 € 50.000 € 2.750 € 25.000 € 2.750 € 25.000 €
1.000.000.000 55.000 € 500.000 € 27.500 € 250.000 € 27.500 € 250.000 €
Tabelle 8: Beispiel – Business Case Berechnung für Web Zero Websites (Auszug Savings durch Datenreduktion)

Entscheidend für die Business Case Betrachtung sind auf der Seite der Aufwendungen die Anzahl der Nutzer pro Jahr, die Menge der (vor der Änderung) für den Website-Aufruf zu transferierenden Daten, das Einsparpotential bzgl. der zu transferierenden Daten, sowie die Umsetzungskomplexität und -dauer in Kombination mit dem anzusetzenden Stundensatz involvierter Experten zu nennen. Auch die Tarif- und Preisstrukturen der Anbieter von CO2-Entnahme-Maßnahmen sind für den individuellen Anwendungsfall zu betrachten.

Auf der Nutzenseite muss für den Business Case berücksichtigt werden, dass bei ausbleibender Reduktion bei Seitenaufruf zu transferierender Daten (c.p.) Potentiale der Ladezeitreduzierung nicht gehoben werden können. Wiegand (2022) zeigt in seiner Studie, dass im B2B-Bereich Seiten, die innerhalb einer Sekunde geladen werden, dreimal höhere Conversion Rates erzielten als Seiten, die nach fünf Sekunden geladen haben. Ähnliche Ergebnisse ergaben sich im B2C-Bereich, wo Seiten, die innerhalb von einer Sekunde geladen haben, zweieinhalbfach höhere E-Commerce Conversion Rates erzielten, als Seiten, die nach fünf Sekunden geladen haben (Wiegand, 2022). Diese beiden Beispiele sollen nur eine evtl. Dynamik bzgl. der Conversion Rates veranschaulichen. Eine profundere Auseinandersetzung zu Conversion Rates, Bounce Rates, etc. ist im Rahmen dieses Papiers nicht vorgesehen.

Entscheidend auf der Nutzenseite für den Business Case sind auch die Belastung des Datenvolumens der eigenen Website-Besucher und die damit auf diese verlagerten Kosten, sobald eine Reduktion der bei Seitenaufruf zu transferierenden Daten nicht erfolgt. Laut International Telecommunication Union (2022c) haben im Jahr 2022 die Kosten pro Kopf z.B. für mobiles Datenvolumen im weltweiten Schnitt 1,5% des nationalen Brutto-Einkommens ausgemacht. Entstehende Kosten durch Ausschöpfung des Datenvolumens können den eigenen Nutzern im Rahmen der Umstellung auf eine Web Zero Website gespart werden, indem eine entsprechende Reduktion der bei Seitenaufruf zu transferierenden Daten erfolgt. Allgemein beobachtbare Dynamiken lassen vermuten, dass ein klimafreundlicher Webauftritt sowie geringere Kosten und Ladezeiten auf Seiten des Internetnutzers – nicht nur unter Aspekten der Suchmaschinenoptimierung – die Chancen auf einen Anstieg der Besucherzahlen erhöhen. Dies wird jedoch im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter ausgeführt und belegt.

7. Diskussion

Dynamik des Web Zero Faktors

Um die Dynamik des Web Zero Faktors – unabhängig von seinem Betrag – zu beschreiben wird von einem erforderlich Net Zero Emissions Szenario bis zum Jahr 2050 (NZE) ausgegangen, welches erforderlich ist, um die 1,5 Grad Ziel zu erreichen (United Nations, 2023). Selbst bei einer von Freitag et al. (2021) skizzierten Umstellung der Energieversorgung des ICT-Sektors auf 100% erneuerbare Energien könnte der CO2-Fußabdruck des Internets um ca. 86% reduziert werden. D.h. im NZE-Szenario würde der Web Zero Faktor (c.p.) etwa 0,04 gCO2e/MB betragen. Nach dem sog. „Carbon Law“ von Rockström et al. (2017) ergibt sich zum Jahr 2050 ein Web Zero Faktor von ca. 0,03 gCO2e/MB. Wie Freitag et al. (2021) zusammenfassen, gibt es im wissenschaftlichen Diskurs verschiedene Annahmen, wie sich der Bedarf an ICT und die entsprechende (Energie-) Effizienz von ICT entwickeln werden. Der emissionstreibende Faktor ist der Gesamtenergiebedarf des Internets.

Freitag et al. (2021) stellen auch Aussagen aus dem wissenschaftlichen Diskurs zu sektorübergreifenden Emissionseffekten des ICT-Sektors dar. Solche sektorübergreifenden Effekte sind z.B. der Ersatz von physischen Produkten durch virtuelle Services, wie das Lesen von E-Books anstatt eines gedruckten Buches (ITU, 2020). Zum einen wird davon ausgegangen, dass der ICT-Sektor auch in anderen Bereichen zu Wachstum führt und die durch den ICT-Sektor herbeigeführten Rebound-Effekte größer als die entsprechenden Effizienzgewinne sind, und damit das Internet weiterhin einen Anstieg der weltweiten CO2-Emissionen verursacht (Freitag et al., 2021). Z.B. stellt Court (2020) dar, dass zwar 34% der US-Konsumenten E-Books lesen, aber nur 6% dies ausschließlich tun. Zum anderen geht ein anderer Teil im wissenschaftlichen Diskurs davon aus, dass das Internet in Summe einen emissionsreduzierenden Effekt für andere Branchen hat (Freitag et al., 2021). Beide Szenarien werden von dem Web Zero Faktor nicht abgebildet. Damit dient der Web Zero Faktor ausschließlich für eine isolierte, auf das Internet bezogene Betrachtung.

Der oben definierte Web Zero Faktor ist eine dynamische Größe zur Orientierung für Internetnutzer und muss kontinuierlich mit der fortschreitenden Entwicklung des Internets angepasst werden, um hinreichend repräsentative Aussagen zum CO2-Fußabdruck von Internetnutzern treffen zu können. Ändern sich z.B. das Mengengerüst von Datenzentren, Datenübertragungsnetzen, Endnutzergeräten sowie deren Energieeffizienz in Betrieb und Herstellung muss eine entsprechende Aktualisierung des Web Zero Faktor Betrages erfolgen.

Die zur Berechnung des Web Zero Faktors verwendeten Werte definieren sich hauptsächlich aus Quellen, welche jährlich aktualisiert werden. Einige Quellen geben einen Ausblick für innerhalb dieses Jahrzehnts. Bei der Definition der diesem Papier zugrundeliegenden Werte sind teilweise Rundungen vorgenommen worden. Unter Berücksichtigung dieser Sachverhalte ist ein jährliches Hinterfragen, jedoch spätestens zum Ende des Jahrzehnts im Jahr 2030, zu empfehlen.

Der nach der in diesem Papier zugrundeliegenden Berechnungslogik kann der Web Zero Faktor nur bei einer negativen CO2-Intensität des globalen Strommixes negativ werden. Dies ist nur mit entsprechenden, an die Energieversorgung geknüpften Maßnahmen zur CO2-Kompensation möglich. Vielmehr sollen durch den Web Zero Faktor Residualemissionen im Internet ermittelt werden. Diese wiederum können dann durch geeignete Maßnahmen zur CO2-Kompensation ausgeglichen werden. Z.B. kann ein nachweislich gepflanzter Baum – ggf. in Verbindung mit einer Quadratmeteranzahl an geschützter Fläche für einen natürlichen Waldabschnitt – einer Website zugeordnet und somit dessen residuale CO2-Emissionen, welche durch entsprechenden Seitenaufrufe erzeugt werden, kompensieren.

Einheit des Web Zero Faktors

Im wissenschaftlichen Diskurs wird bei der Beschreibung von klimaschädlichen Emissionen auf Gramm CO2-Equivalente (gCO2e) abgestellt. Daher werden Emissionen auch beim Web Zero Faktor in Gramm CO2-Equivalente angegeben. Die angegebenen Megabyte (MB) beziehen sich auf die Menge an über das Internet übertragenen Daten.

Der in diesem Papier herausgearbeitete Web Zero Faktor unterstellt einen ausschließlichen und linearen Zusammenhang zwischen der Menge des durch das Internet emittierten CO2 und dem webbasierten Datenverkehr (gCO2e/MB). Dieser Zusammenhang lässt sich bei individuellen Analysen zur Ermittlung des CO2-Fußabdrucks von Websites durch entsprechende CO2-Rechner unabhängiger Dritter nicht beobachten. Der jeweilige, vermutlich nicht lineare Zusammenhang zwischen gCO2e und transferierter Daten je Seitenaufruf ist auf eine differenziertere Gewichtung im Einzelfall relevanter Faktoren, wie z.B. grünes Hosting oder die regionale CO2-Intensität des Strommixes für das entsprechende Endgerät, über welches die jeweilige Website aufgerufen wird, zurückzuführen. Wie oben beschrieben ist eine Detailanalyse dieser CO2-Rechner für Websites nicht Bestandteil dieses Papiers.

Andrae (2020b) argumentiert, dass für die energetische Betrachtung des ICT-Sektors neben dem Datenverkehr (IP traffic) zukünftig auch die Art von Rechenoperationen, insbesondere neuerer Technologien wie z.B. bei KI oder blockchainbasierten Web3-Anwendungen, berücksichtigt werden sollte, da in diesen Feldern wenig Datenverkehr viel Rechenleistung bedingt. Diese Dynamik beeinflusst bereits heute die Güte bei der individuellen Anwendung. Berechnet z.B. ein Internetnutzer mithilfe des Web Zero Faktors und dem identifizierten Datenverkehr seinen CO2-Fußabdruck ist die Abweichung des Ergebnisses zur Realität bei einer KI-basierten Anwendung vermutlich größer als bei einem reinen Websiteaufruf. Durch die Diversität verschiedener Uservorgänge im Internet in Bezug auf deren energetischen Fußabdruck in Kombination mit dem diversen Surfverhalten eines jeden Internetnutzers ist anzunehmen, dass sich dieser Effekt in Summe über das gesamte Surfverhalten ausgleicht, da der Web Zero Faktor aufgrund der Art und Weise seiner verallgemeinerten und globalen Berechnung dies bereits eingepreist hat.

Da der Web Zero Faktor als Faustformel für Endanwender dienen soll, ist eine Abstellung auf den Datenverkehr zielführend, da diese Information leichter durch Internetnutzer, wie z.B. über browserintegrierte Developer-Tools oder Downloadgrößen von Dokumenten, Bildern, Videos und anderen Medien, eigenständig und mit vertretbarem Aufwand ermittelt werden kann.

Güte des Web Zero Faktors

Abweichungen zur Realität vervielfachen sich mit den statistischen Ungenauigkeiten der zur Berechnung herangezogenen Einzelwerte. Bei der Berechnung des Web Zero Faktors werden der Stromverbrauch des Internets, der Datenverkehr des Internets und der CO2-Fußabdruck des globalen Strommixes herangezogen. Jeder dieser Einzelwerte für sich stellt eine Zusammenfassung verschiedenster Daten und Quellen dar, sodass eine Abweichung zur Realität erwartbar ist. Um diese Abweichung beziffern zu können, bedarf es aufwendiger Untersuchungen. Diese sind nicht Bestandteil dieses Papiers. Zur indikativen Einordnung des ermittelten Wertes sind Analysen unabhängiger CO2-Rechner für Websites herangezogen worden. Unter der Annahme, dass die Werte der unabhängigen CO2-Rechner die Realität umschreiben, findet sich der in diesem Papier ermittelte Wert von 0,25 gCO2e/MB auf der Realitätsskala von 0,11 bis 3,30 gCO2e/MB auf dem vorderen Abschnitt wieder. Die Abweichung des in diesem Papier ermittelten Web Zero Faktors vom Median aller von Dritten ermittelten Mediane an „Web Zero Faktoren“ beträgt -28%. Trotz der geringen Stichproben (4 CO2-Rechner, 18 untersuchte URLs) und der jeweiligen Einzelfallbetrachtung mit verschiedenen Berechnungslogiken zeigt diese Darstellung, dass eine mögliche Abbildung der Realität besteht, wenngleich der in diesem Papier ermittelte Wert für den Web Zero Faktor einer eher „klimaoptimistischen“ Auslegung zugeordnet werden muss.

Da allgemein von einer Erweiterung des Anteils an erneuerbaren Energien am globalen Strommix sowie weiteren Bestrebungen im Sinne der ausgerufenen Klimaziele ausgegangen werden kann, ist ein fortschreitender Trend in Richtung der „klimaoptimistischen“ Auslegung für die kommenden Jahrzehnte zu erwarten.

Fazit

Internetnutzer können mit der Angabe zu den über das Internet übertragenen Daten und dem in diesem Papier erarbeiteten Web Zero Faktor von 0,25 gCO2e/MB hinreichend ermitteln, wie viel CO2 sie je Vorgang beim Surfen im Internet emittieren. Dieser Wert sollte aufgrund der fortschreitenden Entwicklung des Internets jährlich hinterfragt und bei Bedarf aktualisiert werden. Bis zum Jahr 2030 sollte sich dieser Wert nach dem „Carbon Law“ von Rockström et al. (2017) halbieren. Aufgrund diverser Unschärfen resultierend aus der vereinfachten Modellierung kann dieser Wert jedoch über einen längeren – nicht näher definierten – Zeitraum genutzt werden. Der Web Zero Faktor an sich kann das Klimabewusstsein von Internetnutzern stärken, das „Carbon Law“ von Rockström et al. (2017) für den Bereich des Internets übersichtlich und einfach nachvollziehbar zur Anwendung bringen, und damit die Weiterentwicklung des Internets zu einem Web Zero mit Net Zero Emissionen fördern.

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